Der Bensheimer Wald braucht Hilfe

Die Stadtverordnetenversammlung hat die Prüfung eines Hilfsprogramms für den Bensheimer Wald auf den Weg gebracht.
Von Dirk Rosenberger, Bergsträßer Anzeiger 10.6.21

Bensheim. Hitzesommer, Dürre, Stürme oder der Borkenkäfer: Das Waldsterben schreitet bundesweit massiv voran. Die Bäume rund um Bensheim bilden da keine Ausnahme. „Den Wäldern geht es nicht gut. Ob man am Niederwald oder am Auerbacher Schloss unterwegs ist, die Schäden sind unübersehbar“, betonte Thomas Götz (Grüne) in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung.
Die Stadt ist Eigentümerin von mehr als 900 Hektar Wald. 20 Hektar davon sind mittlerweile Naturwald, werden demnach nicht mehr bewirtschaftet. Vor drei Jahren wurden neun Hektar Pappel- und Erlenbuchenwald an der Erlache zum Naturwald, im vergangenen Jahr kamen 1,3 Hektar bei Schwanheim dazu.
„Ein Waldstück mit über 200-jährigen Buchen und Eichen“, so Ulrike Vogt-Saggau (BfB). Ihre Fraktion hatte im Verbund mit Grünen und FWG einen Prüfauftrag im Stadtparlament eingebracht. Zielrichtung: Die Herausnahme von zehn Prozent der städtischen Wälder aus der Bewirtschaftung und die Wiederaufforstung.

Aufnahme von Kohlendioxid
„Nachdem die Agrarlandschaft bis auf Restflächen extrem artenarm geworden ist, kommt den Wäldern heute eine große Bedeutung zu. Naturwälder leisten einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität“, erklärte Vogt-Saggau. Die Wälder spielten außerdem im Klimasystem eine große Rolle durch die Aufnahme von Kohlendioxid.

Die Schaffung von Naturwald sei ein Baustein, um die Artenvielfalt zu erhalten und ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken, ergänzte Thomas Götz. Darüber sei man sich mit dem Revierförster einig. In welchem Umfang der Verzicht auf Bewirtschaftung möglich sei, gelte es nun zu prüfen. „Zwischen den zwei Prozent, die wir im Augenblick haben, und den angestrebten zehn Prozent gibt es noch viel Luft.“

Grundsätzlich sind die Grünen, so Götz, hundertprozentig davon überzeugt, dass die Bewirtschaftung der Bensheimer Wälder ganz im Sinne einer naturgemäßen Bewirtschaftung erfolge. Der Antrag soll ein Signal sein, dass die kommunale Politik bereit ist, alles in ihrer Macht stehende zu tun, damit die Wälder für die Zukunft gerüstet sind. Weil die meisten Vorhaben zur Stärkung und Wiederaufforstung mit erheblichen Kosten verbunden sind, soll der Magistrat zudem klären, ob es Fördertöpfe für solche Projekt gibt.
Bei der CDU stieß das Ansinnen der drei Fraktionen allerdings nicht auf ungeteilte Zustimmung. Vor allem konnte man sich nach Angaben von Feridun Bahadori nicht mit den festgeschrieben zehn Prozent anfreunden. Zumal er mit dem Verweis auf Studien erläuterte, dass unbewirtschaftete Wälder eine schlechtere CO2-Bilanz hätten als bewirtschaftete. Die Speichern und spätere Abgabe hielten sich in etwa die Waage, bewirtschaftete Wälder hingegen würden mehr binden, weil der Holzzuwachs durch Neupflanzungen höher sei. Unstrittig sei jedoch, dass etwas getan werden müsse zum Wiederaufbau. „Das ist aber eine Generationenfrage, das geht nicht von heute auf morgen“, so Bahadori. Er signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zu einzelnen Punkten der Vorlage.
Katastrophale Auswirkungen
Von „katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels auf den Zustand des Waldes“ sprach Jürgen Kaltwasser für die SPD. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Die Politik müsse dabei einen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten. Mit den zehn Prozent hatte Kaltwasser jedoch ebenfalls Schwierigkeiten. Der Zahl liege keine Berechnung zu Grunde, der SPD ei daher eine ergebnisoffene Prüfung lieber. „Die kann dann auch zu dem Ergebnis kommen, dass vielleicht acht Prozent genügen – oder eben zehn.“ Man wolle sich nicht vorfestlegen.
Ähnlich wie die CDU argumentierte Thorsten Eschborn für die Freidemokraten. Der Antrag gehe grundsätzlich in die richtige Richtung. Man müsse aber bedenken, das es noch andere Waldbewirtschaftungsformen gebe. Einer Prüfung mit den zehn Prozent als Zielmerke werde die FDP nicht zustimmen.
Moritz Müller (Grüne) erinnerte daran, dass die Herausnahme von zehn Prozent aus der Bewirtschaftung im letzten Koalitionsvertrag zwischen CDU, BfB und (damals noch) GLB festgeschrieben war. Die Grünen hätten mit dem Revierförster Gespräche geführt. Der wiederum habe, so Müller, keine Probleme mit der Erhöhung des Naturwaldanteils.
Die Abstimmung spiegelte die vorangegangene Debatte. Für die Prüfung der zehn Prozent gab es keine Mehrheit, CDU, SPD, FDP stimmten dagegen, bei der FDP gab es eine Enthaltung. Beauftragt wurde der Magistrat aber mit dem Revierförster zu prüfen, welche Waldbestände für eine Herausnahme aus der Bewirtschaftung infrage kommen und wie ein Zeitplan für die Umsetzung aussehen könnte. Bei diesen Punkten enthielt sich lediglich Feridun Bahadori.
Uneingeschränkt einig war man sich, in Zusammenarbeit mit dem Förster darüber informiert zu werden, welche Maßnahmen zur Wiederaufforstung der kranken städtischen Wälder geplant sind und ob dafür Förderprogramme in Anspruch genommen werden können.

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