Waldwende Heidelberg

Flyer: „Schützt das Mühltal und den Handschuhsheimer Wald“

Schützt den Mühltalwald!

Rund 1000 Bäume, vorwiegend Laubbäume, wurden Anfang 2021 zum Fällen im Handschuhsheimer Mühltal markiert. Die geplante Abholzung hat viele Spaziergänger aufgeschreckt und führte zur Gründung eines Aktionsbündnisses für den Mühltalwald. Das Aktionsbündnis zielt auf eine alternative, respektvolle Behandlung des Waldes, die den dramatischen Klimaveränderungen Rechnung trägt, die wir im Rhein-Neckar-Kreis als einem der wärmsten Orte in Deutschland besonders zu spüren bekommen.

Angesichts extrem heißer, trockener Sommer haben sich hier die Bedingungen grundlegend geändert: Der Heidelberger Wald ist nicht mehr in der Lage, neben vielen anderen Funktionen auch noch große Mengen an Holz zu liefern. Unnötige Auslichtungen führen zu mehr Sonnenlicht, das den Boden erreicht und noch weiter austrocknet. Schon längst merken Handschuhsheimer Bürger, dass sie in Trockenzeiten kein Wasser aus den Mühltalquellen bekommen, sondern stattdessen kalkhaltiges Was- ser aus dem Wasserwerk in der Ebene. Doch nicht nur die örtliche Wasserversorgung ist akut gefährdet, sondern auch der Fortbestand des Mühltalwaldes.

In ganz Deutschland sterben derzeit großflächig Fichten- und Kiefernforste, und auch wirtschaftlich genutzte Laubwälder sind in Gefahr. Die einzigen Wälder, die sich bisher als widerstandsfähig gegen den Klimawandel erwiesen haben, sind Naturwälder, z.B. in den Nationalparks.

Der Grund: Diese Wälder werden nicht durch Holzernte gestresst, sind dicht und haben ein geschlossenes sonnengeschütztes Kronendach, das ein kühles Innenklima zulässt. Naturwälder enthalten außerdem große Mengen Totholz, das Wasser und Nährstoffe speichert.

Kein Totholz - Boden ausgetrocknet
Fehlendes Totholz – der Waldboden ist ausgetrocknet!

Der Stadtwald gehört den Bürgern!

Öffentliche Wälder wie Staats- oder Stadtwälder sind die einzigen demokratischen Waldformen: Sie gehören den Bürgern, die über die Nutzung mitbestimmen dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hat 1990 in einem Grundsatzurteil betont, dass öffentliche Wälder vorrangig Umwelt- und Erholungsfunktionen besitzen und nicht der Holzernte dienen.

Deutschland ist Buchenland! Würden wir Menschen nicht eingreifen, wäre fast die gesamte Fläche Deutschlands mit Buchenwäldern bedeckt. Deutsche Buchenwälder sind UNESCO-Weltnaturerbe und bedürfen daher besonderen Schutzes. Auch der Wald im Mühltal besteht zum größten Teil aus Buchen.

Beschlossenes Ziel der Bundesregierung war es, bis 2020 5 % der deutschen Wälder und 10 % der öffentlichen Wälder komplett aus der Nutzung zu nehmen. Von diesen Zielvorgaben sind wir weit entfernt: Der Ist-Zustand liegt bei mageren 2,3 %, Baden-Württemberg ist bundesweites Schlusslicht. Der Forsteinrichtungsplan der Stadt Heidelberg, der bis 2029 gilt, lässt uns Spielraum, dieses Ziel zu verwirklichen, wenn wir nur wollen.

Ungenutzte Naturwälder haben viele Vorteile

Naturwälder sind eine natürliche Klima-Lösung:

Im Wirtschaftswald liegt der durchschnittliche Holzvorrat bei 336 m3 pro Hektar, in altem Naturwald bei 700 bis 1000 m3 pro Hektar (Dr. Martin Flade, Dr. Susanne Winter). In Naturwäldern ist zudem sehr viel mehr Kohlenstoff im Waldboden gespeichert, da hier die Humusschicht dicker ist. Ungenutzte Wälder haben eine 2 1⁄2 fach höhere Klimaschutzwirkung als forstwirtschaftlich genutzte (Booth et al. und Kuhn et al.).

Wenn Wirtschaftswälder aus der Nutzung genommen werden, binden sie jahrelang CO2 und bauen Biomasse auf. Bäume können mehrere hundert Jahre alt werden und solange bleibt ihr Kohlenstoff gebunden. In der Klimakrise ist eine solche Akkumulation die natürlichste und kostengünstigste Methode, zusätzlichen Kohlenstoff zu speichern. Damit wird Zeit gewonnen, mit innovativen Technologien, wie dem Ausbau erneuerbarer Energien, die Erderwärmung zu stoppen.

Sollten die Wälder in der Bundesrepublik weiter wie bisher bewirtschaftet werden, dürfte sich der CO2-Waldspeicher von derzeit 58 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten auf ein Fünftel, d.h. lediglich 12 Mio. Tonnen, bis zum Jahr 2035 abbauen und schlimmstenfalls zu einer CO2- Quelle werden. (Hennenberg et al., 2019).

(CO2-Äquivalent bezeichnet das Treibhauspotential eines Gases im Verhältnis zu CO2 )

Von Försterseite und der Holzwirtschaft wird oft argumentiert, dass es gut für das Klima sei, regelmäßig Bäume zu ernten und das Holz als Ersatz für fossile Brennstoffe und klimaschädliche Materialien einzusetzen. Die Verwendung von Holz ist aber nur dann klimafreundlich, wenn es langfristig genutzt wird, wie z.B. für Dachstühle, Holzhäuser oder Möbel, die von Generation zu Generation weitervererbt werden. Die Realität sieht leider anders aus: Mehr als die Hälfte des Holzes (51 %) wird zur Wärme- und Energieerzeugung verbrannt, wobei der Kohlenstoff sofort als klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre gelangt. 8 % wird für die Zellstoff- und Papierproduktion, 10 % für Paletten und Schalungsholz und 11 % für die Sägeindustrie (Rahmen, Dachlatten usw.) verwendet. Bei all diesen Nutzungen wird der im Holz enthaltene Kohlenstoff schnell wieder freigesetzt. Lediglich 20 % des Holzes werden langfristig, also länger als 10 Jahre genutzt (Dr. Martin Flade, Dr. Susanne Winter).

Naturwälder sind gut für Wasserhaushalt und Kühlung: Unter Buchen ist der Abfluss von Niederschlag ins Grundwasser (Sickerwasserspende) wesentlich höher als unter Fichten und Kiefern, ganz unten rangieren Douglasien (Jürgen Müller, 2014).

Anhand von Satellitenmessungen in der Schorfheide haben Ibisch et al. nachgewiesen, dass totholz- und vorratsreiche Laubwälder im Sommer bis zu 12 °C niedrigere Oberflächentemperaturen aufweisen als vorratsarme Nadelforsten und Mischwälder.

Der NABU Deutschland erläutert, dass die trichterförmige Aststruktur der Buchen das Regenwasser am Stamm hinab zum Boden leitet und dass Buchen fünf Monate im Jahr keine Blätter tragen, so dass in dieser Zeit keine Verdunstung stattfindet. Wichtig sei, dass Buchenwälder möglichst wenig forstlich genutzt werden, das Kronendach geschlossen bliebe und Totholz aus umgefallenen alten Bäumen als Wasser- und Nährstoffspeicher zur Verfügung stünde. Da ein enger Zusammenhang zwischen Wald und Wasserhaushalt bestehe, fordert der NABU eine Änderung des Bundeswaldgesetzes, damit dieser Zusammenhang Berücksichtigung findet. (www.NABU.de/wald)

Naturwälder sind gut für die Biodiversität:

Ein Wald, der seit 100 Jahren ungenutzt ist, besitzt 20 x mehr Totholz
4 x so viele Waldentwicklungsphasen,
4 x so viele Mikrohabitate,

2 x so viele Brutvögel und
4 x so viele Urwaldrelikt-Käferarten wie ein naturnaher Wirtschaftswald

(Buch „Der Holzweg“)

Unsere Forderungen:

  • Holz vorrangig für langfristige Nutzung verwenden, nicht als Brennholz, Pellets, Papier und Kartonage
  • Keine Holzexporte ins Ausland, wie z.B. nach Asien und in die USA
  • Mindestens zwanzigjährige Hiebsruhe im Mühltalwald, erst danach behutsame Entnahme von Einzelbäumen
  • Die dauerhafte Herausnahme von 10 % der Heidelberger Waldfläche aus wirtschaftlicher Nutzung

Das können Sie tun:

  • Verhalten Sie sich klimafreundlich und üben Sie diesbezüglich Druck auf Politiker aus.
  • Verwenden Sie möglichst wenig Holzprodukte (Papier, Pappe, Verpackungen). Steigen Sie auf Alternativen um (z.B. Stoffbeutel beim Bäcker, Einkaufen im Unverpackt-Laden, Recyclingpapier).
  • Engagieren Sie sich für Ihren Wald, indem Sie Mitmenschen, Forstbehörden und politische Entscheidungsträger kontaktieren.
  • Falls Sie Interesse haben, bei unserem Aktionsbündnis zum Erhalt des Mühltalwaldes mitzumachen, schreiben Sie uns unter

Den Flyer können Sie hier als pdf herunterladen

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